Über Jacob Mattes

Ein Mann sitzt auf einem Holzstuhl vor einem großen abstrakten Gemälde mit schwarzen, weißen, roten und blauen Pinselstrichen.

Jacob Mattes (*1998 in Esslingen am Neckar) lebt und arbeitet in Wien, Salzburg und Saint-Rémy-de-Provence. Seine künstlerische Praxis ist autodidaktisch geprägt und entwickelte sich seit 2013 aus einer intensiven Auseinandersetzung mit der Malerei. Früh inspiriert durch das künstlerische Umfeld seiner Großeltern, verbindet er gestalterische Klarheit mit einem intuitiven Zugang zu Figur, Fragment und Abstraktion.

Mattes absolvierte eine Ausbildung in Kommunikationsdesign an der Werbedesign Akademie Salzburg sowie ein wirtschaftswissenschaftliches Studium mit Schwerpunkt Marketing und Sales an der Fachhochschule Wien der WKW.


Jacob Mattes' Bilder wirken in stetigem Fluss. Sie türmen und verflüchtigen sich zu unbestimmbaren Gestalten und ringen in den Wogen pastellfarbener Gesten. Sie verhandeln Ordnung und Auflösung zugleich. Kaleidoskopisch und fließend, wirken sie fast barock in ihrer Lust an der Form und scheinen doch zugleich die Gegenwärtigkeit, den Moment des Werdens, bannen zu wollen.

Als Autodidakt in einem künstlerischen Umfeld aufgewachsen, hat Mattes eine persönliche malerische Sprache entwickelt. Sein Dialog mit der Fläche gestaltet sich dabei durch eine flexible Wahl an Standpunkten. Mattes arbeitet häufig auf dem Boden oder an liegenden Flächen, sodass er sich dem Bild von allen Seiten nähern kann. Diese Arbeitsweise, ein Umkreisen der Leinwand, prägt auch das, was auf der Oberfläche sichtbar wird: Kein eindeutiger Blickpunkt drängt sich auf, keine vorgegebene Leserichtung bestimmt die Komposition. Dadurch meidet er Bildhierarchien und besetzt möglichst jede Achse gleichwertig. Die gemalten Knoten und Geschwüre erinnern an rauschende Wogen und befinden sich dabei stets in einem Zustand der Bewegung. Die Formen sind im Werden begriffen – Figurationen, die erscheinen und wieder verschwinden, als würden sie sich weigern, eine endgültige Gestalt zu finden. Die zarten, pastelligen Grundierungen, mit wasserverdünnter Kreide aufgetragen, bilden eine atmende Basis. Über diese luftigen Flächen tanzen kalligrafische Tuschegesten, die Akzente setzen und Konturen ziehen. Auch die Linien tragen Bewegungen in sich, die sich verdichten und wieder zerstreuen. Zwischen dieser Präzision und ihrer expressiven Auflösung entstehen Bildkörper, die sowohl vor die Fläche treten als auch in ihr zurücksinken, sich von anderen Ebenen absetzen oder in Farbe übergehen. Durch dieses Begegnen, Stoßen und Verschränken der Elemente, entstehen windhaft schwebende Kompositionen.Mattes malt letztlich keine spezifischen Körper, sondern Konstellationen von Bewegungen und rhythmisierten Flächen. Seine Arbeiten sind keine Abstraktionen im klassischen Sinne, sondern eigenständige malerische Gebilde – Kontrastflächen, die Körperschaften bilden und zuChoreografien aus pastellfarbenen Böen werden.

Jacob Mattes, geboren 1998, lebt und arbeitet in Salzburg, Wien und Saint-Rémy-de-Provence.

– Niklas Koschel

 

In einem künstlerischen Spannungsfeld zwischen konkret-abstrakter Malerei und fragil-anthropomorpher Skulptur aufgewachsen, entwickelt Jacob Mattes früh einen eigenen, nicht bändigbaren Schöpfungswillen. Geleitet von dieser großelterlichen Sensibilisierung, wird die Figur in seinem Œuvre – einem permanenten Oszillieren innerhalb der Malerei – zur Protagonistin. Und tritt darin stellenweise deutlicher, mal subtiler in Erscheinung. In einem intimen Malprozess schafft er zunächst die von sanfter Palette und lasurartigem Farbauftrag ausgehende Grundlage seiner flächigen, malerischen Kompositionen. Mit fortschreitender Genese weicht die einstige Intuition der Kontrolle: Virtuos durchbricht er – gesteuert von tiefer Emotion und der grundlegenden Malerei – die sich dynamisch eröffnende, luftige Bildwelt mittels starker Linie und kontrastreicher Kontur. Die Arbeit entwickelt ihr Narrativ, das anregt, ohne vorzugeben. Die Figur seziert er dazu in ihre Einzelteile. Er abstrahiert, bis letztlich nicht mehr als Rudimente vorhanden bleiben. Dabei löst sich Mattes gänzlich vom Anspruch des konkreten Abbilds seiner im Kopf entstehenden Protagonisten, von deren Proportionalität und damit von den Grundlagen seiner anfänglichen Aktzeichnungen – er entfremdet bewusst. Es sind physiognomische Details, die sich abzeichnen. Ebenso wie Hände und Füße, die Betrachtenden aus einer anderen Welt entgegentragen. Eine Welt, die es lohnt, erkundet zu werden.

– Patrick Schuster